Der Aufbau eines kommerziellen Netzwerks ist eine immer wiederkehrende Herausforderung für Unternehmen, die exportieren und versuchen ihre internationale Präsenz zu stärken. Kleine und mittelgroße Unternehmen benötigen in der Regel die Unterstützung lokaler Firmen, um in einen neuen Markt (bspw. den spanischen Markt) einzutreten. Der Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen ist einer der traditionellen Wege eine Geschäftsbeziehung mit lokalen Firmen aufzubauen.
Ein Vertriebsvertrag ist eine Vereinbarung, nach der ein Vertreiber die Waren oder Dienstleistungen eines Herstellers oder eines Lieferanten vermarktet. Der Händler stellt dem Lieferanten sein Handelsnetz zur Verfügung und vertreibt die Waren oder Dienstleistungen des Herstellers oder des Lieferanten für einen festen oder unbestimmten Zeitraum. Im Gegenzug garantiert der Lieferant dem Händler den ausschließlichen Vertrieb der Waren oder Dienstleistungen.
Das Hauptmerkmal des Vertriebsvertrages in Spanien: die Unabhängigkeit des Vertreibers:
Der Vertreiber genießt Unabhängigkeit und Autonomie in der Geschäftsbeziehung mit dem Produzenten/Lieferanten:
- Anders als ein Bevollmächtigter, der auf Rechnung des Lieferanten handelt, arbeitet der Vertreiber im eigenen Namen und auf eigene Rechnung;
- Die Tätigkeit eines Händlers besteht darin, vom Lieferanten eine Reihe von Produkten zu erwerben und dann diese weiterzuverkaufen. Infolgedessen ist der Vertreiber derjenige, der das Geschäftsrisiko trägt, da es keine Garantie für den Erfolg des Weiterverkaufes gibt; und
- Die Marge des Vertreibers ist die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem Wiederverkaufspreis der von ihm vertriebenen Waren oder Dienstleistungen.
- Daher erfordert der Vertrieb ein zweifaches Handelsgeschäft: erstens der Erwerb von Waren oder Dienstleistungen durch den Händler (Käufer) von einem Lieferanten (Verkäufer) und anschließend die Weiterveräußerung der Waren oder Dienstleistungen durch den Händler (Verkäufer).
Die rechtlichen Rahmenbedingungen des Vertriebsvertrages in Spanien
Das Vertragsverhältnis zwischen einem Lieferanten / Hersteller und einem Vertreiber unterliegt nicht einer besonderen Regelung wie dem Agenturvertrag, der durch das Gesetz 12/1992 über Agenturverträge vom 27. Mai 1992 geregelt ist. Infolgedessen unterliegt der Vertriebsvertrag im Wesentlichen der Vertragsfreiheit. Einerseits sind die Flexibilität und das Fehlen von übermäßig restriktiven Regeln wertvoll, andererseits kann die Freiheit für einen ausländischen Lieferanten/ Produzenten, der den Ortsgebrauch des jeweiligen Landes des Vertreibers nicht kennt, schwierig sein.
Daher beruht die Geschäftsbeziehung zwischen Lieferant und Vertreiber auf den festgelegten Rechten und Pflichten im jeweiligen Vertriebsvertrag und auf deren Auslegung durch spanische Gerichte im Streitfall.
In Bezug auf das letztgenannte ist es wichtig zu beachten, dass, obwohl die Vertreiber diejenigen sind, die die Geschäftsrisiken im Zusammenhang mit dem Wiederverkauf von Waren und Dienstleistungen tragen, der Rücktritt vom Vertrag grundsätzlich nicht per se den Verlust von Kunden für den Händler bedeutet. In bestimmten Fällen erkannten die spanischen Gerichte das Recht eines Vertreibers auf Entschädigung für wirtschaftliche Schäden an. Dies ist eine Ausdehnung der Anwendung von Artikel 28 des Gesetzes über Agenturverträge auf den Vertriebsvertrag.
Die Jurisprudenz hebt hervor, dass die analoge Anwendung von Artikel 28 des Gesetzes über Agenturverträge auf Vertriebsverträge nicht automatisch [1] erfolgt und ein Händler das Recht auf Entschädigung wirtschaftlicher Schäden hat, wenn:
- Das Lieferantenportfolio ausschließlich durch die Bemühungen des Vertreibers (was bewiesen werden muss) und nicht wegen der Beliebtheit der Marke des Lieferanten geschaffen wurde; und wenn
- Der Lieferant/Produzent von der vom Vertreiber aufgebauten Kundschaft profitieren kann [2].
Es ist folglich ratsam vor der Unterzeichnung eines Vertriebsvertrages in Spanien eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen.
[1] Judgment No. 523/2016 of TS, First Civil Chamber, July 22, 2016.
[2] Agreement was adopted by the Judges of the Supreme Court Chamber on 20 December 2005.
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