Die Statistiken bzgl. des Eintritts in Insolvenz sind nicht vielversprechend. Dazu muss man hinzufügen, dass annähernd 95% der Unternehmen in Insolvenz schließlich liquidiert werden, was das Ende ihrer wirtschaftlichen Aktivität bedeutet.
Es gibt jedoch eine Reihe von Maßnahmen in verschiedenen Bereichen, die zum Gegenstand haben, die Situation einer Insolvenz der Gesellschaft und/oder den Eintritt in die Insolvenz möglichst zu vermeiden. Die Geschwindigkeit bei der Entscheidungstreffung sowie die Durchführung dieser Maßnahmen spielen eine Schlüsselrolle zur Vermeidung der Insolvenz und, in der Konsequenz, auch der Insolvenzerklärung sowie der möglichen Liquidierung des Unternehmens.
Traditionelle Maßnahmen um die Insolvenz zu vermeiden
Wirtschaftliche Maßnahmen: Kontenüberprüfung, Bewertung der Rentabilität, Verstärkung des Liquiditätsflusses, Kostenreduzierung, Verhandlungen mit Zulieferern, etc.
Arbeitsrechtliche Maßnahmen: Kurzarbeit, Massenentlassungen, Entlassungen, Kürzung der Arbeitszeit, Förderung des Homeoffice, etc.
Vertragliche Maßnahmen: Auflösung von Verträgen aus außerordentlichen Gründen, punktuelle Vereinbarungen mit Zulieferern, etc.
Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen: Beitreibung offener Rechnungen, außergerichtliche und gerichtliche Mahnprozesse, etc.
Steuerliche Maßnahmen: Steueroptimierung, Steuervorteile erkennen, etc.
Aktuelle Maßnahmen der Gesetzgebung zu Covid-19
Seit der Verkündung des Alarmzustandes Anfang letzten Jahres hat die Regierung eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Folgen der schweren Krise in gesundheitlicher, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht zu lindern.
Die letzten Neuerungen/Maßnahmen in gesellschaftlicher und insolvenzrechtlicher Hinsicht sind mittels des Königlichen Gesetzeserlasses 5/2021 eingeführt worden, vom 12. März, dessen Zweck darin besteht,
- die Liquidität und die Zahlungsfähigkeit der Unternehmen zu stärken (wirtschaftliche Maßnahmen) und
- einige bereits früher implementierte gesellschaftsrechtliche und insolvenzrechtliche Maßnahmen auszuweiten, um auf diese Weise die ökonomische Zukunftsfähigkeit der Unternehmen aufrechtzuerhalten und die Insolvenz zu vermeiden (prozessrechtliche Maßnahmen).
Wirtschaftliche Maßnahmen um die Insolvenz zu vermeiden
Neue direkte Hilfslinie an die Unternehmen
Es wurde eine direkte Hilfslinie an die Unternehmen und autonomen Regionen (Covidlinie) geschaffen, dotiert mit 7.000 Millionen Euro, mit dem Zweck, die durch die Unternehmen seit März 2020 eingegangene Verschuldung zu reduzieren und welche einen finalen Charakter haben wird (Zahlung an Zulieferer und Gläubiger, Lieferungen, etc.)
Der Jahresbericht der Banco de España, der am vergangenen 11. Mai veröffentlicht wurde, bekräftigte in Verbindung mit diesen Hilfen zudem die Vornahme regulatorischer Maßnahmen wie etwa die Genehmigung von steuerlichen und administrativen Anreizen, um Investoren zu animieren, Kapital in Unternehmen mit temporären Zahlungsschwierigkeiten zu investieren.
Hilfen zur Restrukturierung der finanziellen Verbindlichkeiten
Auch wurde eine zweite Linie zur Restrukturierung der finanziellen Verbindlichkeiten aufgrund COVID-19, über 3.000 Millionen Euro, geschaffen, um all jene finanziellen Verbindlichkeiten der Unternehmen und autonomen Gemeinschaften zu restrukturieren, die sich auf eine seit Beginn des Alarmzustandes gezeichnete öffentliche Bürgschaft verlassen.
Rekapitalisierungsfonds der durch Covid-19 betroffenen Unternehmen
Jene Unternehmen, die keinen Zugang zu dem Fonds bekommen können, der durch die Sociedad Estatal de Participaciones Industriales (SEPI) (Staatliche Gesellschaft für Industriebeteiligungen) geführt wird, und welche eine zusätzliche Stärkung des Kapitals benötigen, werden die Option bekommen, auf einen neuen Fonds zur Rekapitalisierung der durch COVID-19 betroffenen Unternehmen zurückzugreifen, dotiert mit 1.000 Millionen Euro und geführt durch COFIDES.
Stundung von Steuerschulden
Die zinsfreie Stundung der Steuerschulden wird um vier Monate ausgeweitet und in der gleichen Weise wird die Rückzahlung von bestimmten öffentlichen Kredite erweitert.
Prozessrechtliche Maßnahmen um die Insolvenz zu vermeiden
Aussetzung der Pflicht zur Insolvenzanmeldung und Aussetzung der Annahme zur Bearbeitung einer notwendigen Insolvenzanmeldung durch die Richter
Es wird die Aussetzung der Pflicht zur Anmeldung eines freiwilligen Insolvenzverfahrens für zahlungsunfähige Schuldner bis zum 31. Dezember 2021 vorgesehen, wobei der Schuldner ab diesem Zeitpunkt eine Frist von zwei Monaten zur Anmeldung eines freiwilligen Insolvenzverfahrens hat. Ebenso wird die Aussetzung der Pflicht der Richter, jeden Antrag auf ein notwendiges Insolvenzverfahren zur Bearbeitung zuzulassen auch bis zum 31. Dezember 2020 verlängert.
Nichtzulassung der Bearbeitung von Anträgen bei Nichterfüllung von Vergleichen, außergerichtlichen Zahlungsvereinbarungen und Vereinbarungen der Refinanzierung
Alle Anträge auf Nichteinhaltung von Vergleichen, außergerichtlichen Zahlungsvereinbarungen und Refinanzierungsvereinbarungen werden, mit dem Ziel sie neu zu verhandeln, bis zum 31. Dezember 2021 abgelehnt.
Neuverhandlungen und Modifizierung von Vergleichen, Vereinbarungen der Refinanzierung und außergerichtlicher Zahlungsvereinbarungen
Im Einklang mit dem vorherigen Abschnitt erhalten all diejenigen Unternehmen, die von Vergleichen mit Gläubigern, anerkannten Vereinbarungen der Refinanzierung oder bestätigten außergerichtlicher Zahlungsvereinbarungen, die Möglichkeit der Neuverhandlung und Modifizierung derselben bis zum 31. Dezember 2021.
Bevorzugte Abwicklung von bestimmten Insolvenzhandlungen
Außerdem werden eine Reihe von Verfahrensabläufen in Insolvenzverfahren festgelegt, die bis zum 31. Dezember 2021 bevorzugt abgewickelt werden, wie z.B. die Genehmigung von Refinanzierungsvereinbarungen.
Vorinsolvenzrechtliche Mechanismen um die Insolvenz zu vermeiden
Wenn die vorigen Maßnahmen keinen Effekt gezeigt haben, sowie als letzter Rettungsring vor dem definitiven Insolvenzeintritt, setzen die vorinsolvenzrechtlichen Mechanismen ein. Es handelt sich um verschiedene seitens der Insolvenzordnung vorgesehene Instrumente, die dem Unternehmen einen letzten Ausweg vor der Insolvenzanmeldung erlaubt.
Angesichts der Inanspruchnahme dieser Mechanismen, ist die Bedeutung des Mechanismus der Mitteilung der Eröffnung von Verhandlungen oder die Vorinsolvenz zu betonen (alte Fassung 5 bis LC, neue Fassung 583 TRLC), dessen Zweck darin besteht, dem insolventen Unternehmen einen zusätzlichen Zeitraum zu geben, während welchem das Unternehmen mit den Gläubigern einen vorzeitigen Vergleichsvorschlag oder eine Vereinbarung zur Refinanzierung verhandeln kann, um auf diese Art eine Insolvenz zu vermeiden, oder, sollte dies nicht möglich sein, die Zustimmung der Gläubiger zu einem vorzeitigen Vergleichsvorschlag zu erreichen.
Die Frist zur Mitteilung des Beginns der Verhandlungen an das Gericht beträgt zwei Monate ab dem Zeitpunkt, an dem sich das Unternehmen in der Insolvenzsituation befindet, wobei ihm durch die Nutzung dieses Mechanismus eine zusätzliche Frist von drei Monaten zum Abschluss der entsprechenden Verhandlungen gewährt wird. Während dieser zusätzlichen Frist ist die Einleitung von gerichtlichen oder außergerichtlichen Vollstreckungsmaßnahmen verboten, und die sich bereits in Bearbeitung befindenden Vollstreckungsmaßnahmen werden suspendiert. Auf diese Weise wird die Mitteilung einer notwendigen Insolvenz auf Betreiben eines Gläubigers verhindert, es erhöhen sich die Chancen einer Vereinbarung und der Ruf des Unternehmens wird geschützt.
Hinsichtlich der vorinsolvenzrechtlichen Mechanismen, handelt es sich derzeit um folgende:
Vereinbarungen zur Refinanzierung
Es handelt sich um Vereinbarungen, die zwischen dem Unternehmen und den Gläubigern verhandelt und übernommen wurden (in der Regel Finanzinstitute), in welchen Verringerungen der Schulden, Erweiterungen der Fristen zur Zahlung derselben oder alternativer Mechanismen beschlossen werden.
Außergerichtliche Zahlungsvereinbarung
Es handelt sich um einen Prozess zur außergerichtlichen Verhandlung der Schulden von kleinen Unternehmen (sie dürfen nicht mehr als 50 Gläubiger besitzen und die Aktiva/Passiva dürfen nicht 5 Millionen Euro überschreiten), bei dem man auf die Vermittlung eines insolvenzrechtlichen Mediator setzt, um eine Vereinbarung mit den Gläubigern zu erreichen.
Vorzeitiger Vergleichsvorschlag
Es handelt sich gleichsam um Verhandlungen über Erlässe und Aufschiebungen mit den Gläubigern, dessen Ziel jedoch in der Vereinfachung und Beschleunigung der Bearbeitung eines früheren insolvenzrechtlichen Verfahrens liegt, da dieses zu dem Insolvenzantrag hinzukommen wird.
Saphira Mouzayek
Wenn Sie weitere Informationen über die Vorinsolvenzrechtliche Mechanismen und Maßnahmen in Spanien benötigen,