Auf der ganzen Welt verbreiten sich erneuerbare Energien mit rasanter Geschwindigkeit. Die Vorteile liegen in nahezu kostenloser Gewinnung sowie der Unerschöpflichkeit von Wind, Sonnenenergie und Erdwärme. Als ehemaliger Vorreiter der regenerativen Energien sollte auch Spanien an dieser Entwicklung teilhaben. Trotz des erheblichen Sonnen- und Windaufkommens ist das Land ein Nachzügler im weltweiten Vergleich. Während die Windkraft zwischen 2013 und 2015 in Europa um 20%, in Asien um 36% und in Nordamerika um 24% wuchs, entwickelte sich der Sektor in Spanien um lediglich 0,07% weiter. Ähnliche Muster lassen sich im Photovoltaikbereich erkennen. Hier verzeichneten Asien und Nordamerika ein Wachstum von mehr als 50%. Gegenüber dem 15-prozentigen Zuwachs in Europa konnte Spanien lediglich 0,3% erzielen.
Die Gründe für Spaniens Abstieg im Sektor erneuerbarer Energien sind vielfältig. In einer Zeit als die Technologie noch in den Kinderschuhen steckte, hinterließen weitreichende staatliche Investitionen eine Vielzahl von Anlagen die hinter den Erwartungen zurückblieben. Zudem fiel die Nachfrage für Energie wegen der Weltwirtschaftskrise ab 2008 drastisch. Die missliche Situation der erneuerbaren Energien wurde durch das ohnehin vorherrschende Überangebot konventioneller Energie am spanischen Energiemarkt verschärft. Schließlich kam die staatliche Förderung zum Erliegen.
Die Einspeisevergütung als Förderungsinstrument ist seit 2013 in Spanien abgeschafft. Der erzielbare Strompreis für Produzenten erneuerbarer Energien ist weitestgehend marktbasiert. Das bedeutet, dass sich der Preis pro Einheit anhand der Entwicklungen im spanischen Energiepool bestimmt. Die Festsetzung des aktuellen Marktpreises unterliegt einem komplizierten Berechnungssystem. Zudem erhalten Produzenten eine geringfügige Zuzahlung und eine festgelegte Investitionszulage. Gemessen an den ursprünglichen Erwartungen, haben Einsparungen im Bereich der erneuerbaren Energien zwischen 2013 und 2015 Einkunftseinbußen von bis zu 30% generiert. Die Windkraft erlebte weniger gravierende Einschnitte als die restlichen erneuerbaren Energien. Diverse Investitionsschutzklagen sind derzeit anhängig, darunter allein 27 vor dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten der Weltbankgruppe.
Mit Hinblick auf die europäischen Klimaziele hat sich die spanische Regierung 2016 dazu entschieden erneuerbare Energien erneut zu fördern. Für zukünftige erneuerbare Energieprojekte wurde ein komplexes Auktionsverfahren eingerichtet (veröffentlicht April 2017 im Gesetzesblatt BOE). Dieses regelt die Projektvergabe für eine Kapazität von 2000 Megawatt. Unnötige Komplexität und fehlende Investitionssicherheit des Verfahrens werden anhaltend kritisiert. Das Verfahren fördert diejenigen Anbieter, die die niedrigsten Kosten für ihre Anlagen kalkulieren. Dadurch werden ein Höchstmaß an Effizienz und Kosteneinsparungen für Konsumenten gewährleistet. Die Bezuschussung von Windenergie und Photovoltaik mit maximal 1,2 Mio. Euro pro installiertem Megawatt ist identisch, andere Technologien erhalten maximal 2 Mio. Euro/Megawatt. Somit könnten sich zukünftig teurere Technologien wie Biogas, Wasserkraft oder Geothermie zunehmend vor Wind und Photovoltaik behaupten. Produzenteneinkünfte werden sich aus der Auktionsförderung sowie den Verkaufserlösen am spanischen Energiemarkt zusammensetzen. Es kann derzeit keine verlässliche Prognose zu Gesamterlösen gegeben werden, da die Vergabe noch nicht abgeschlossen ist. Zudem könnte die Kapazität der Auktion durch eine ministeriale Verordnung weiter erhöht werden. Es ist anzunehmen, dass die Vergabe erheblichen Einfluss auf die zukünftige Marktlage im spanischen Energiesektor nimmt.
Aaron Nourbakhsh & Karl H. Lincke
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