Nichtigkeit des Kaufvertrags über Aktien von Bankia

Im Urteil Nr. 23/2016 vom 3. Februar 2016 (im Folgenden das Urteil), hat das Plenum der Zivilkammer des Obersten Gerichtshofs die Unwirksamkeit des Kaufs solcher Aktien, die im Jahr 2011 im Rahmen der Börseneinführung von Bankia angeboten wurden, bestätigt, nachdem dies bereits vom Landgericht Valencia entschieden wurde.

Wegen seiner Tragweite und der möglichen Konsequenz einer Flut an Klagen anderer Aktionäre von Bankia hat das Urteil im Februar die nationale Presse geradezu überschwemmt. Wie nicht anders zu erwarten, hat Bankia nun ein Expressverfahren angekündigt, um den Kleinanlegern, die bei der Börseneinführung 2011 Aktien gekauft haben, das Geld zurückzuzahlen. Damit verhindert das Unternehmen maßlose  – und sicherlich unnütze – Prozesskosten, die bei einem Gerichtsverfahren entstehen könnten (Kosten, die bereits durch tausende von Vorzugsaktionären iniziierte Verfahren angefallen sind).

Die Begründung des Urteils durch den Obersten Gerichtshof ist aufgrund seiner Klarheit, Knappheit und Schlagkraft lobenswert. Sie stützt sich auf den Willensmangel der Käufer der Aktien von Bankia, welche durch die mangelnde Wahrhaftigkeit des Prospekts, der als Grundlage der Börsenführung diente, enstanden ist:

“Da es sich um den Börsengang eines Unternehmens handelt, das bis zu diesem Moment nicht an der Börse gehandelt wurde, war ein vorheriger „Verlauf“ der Aktien in einem offiziellen Sekundärmarkt nicht absehbar, weshalb der Prospekt die einzige Informationsquelle des Kleinanlegers darstellte. Wenn in dem Zulassungsverfahren zur Börsenhandlung von Aktien die Informationen über das entsprechende Unternehmen und dessen  Aktien eine wesentliche Voraussetzung sind, welche durch den Prospekt erfüllt werden soll, (…) sind diese Informationen das entscheidene Kriterium, was dem zukünftigen Kleinunternehmer (im Unterschied zu Großinvestoren und den institutionellen Investoren) zur Verfügung steht,  um die Aktiva und Passiva des Unternehmens, seine finanzielle Situation, Gewinne und Verluste sowie die Perspektiven des Unternehmens und die Rechte, die diesen Aktien anhängen, zu beurteilen. Dies gilt insbesondere im Fall von Kleinunternehmern, die von den eigenen Mitarbeitern des Unternehmens beraten werden, mit welchen sie eine persönliche und wirtschaftliche Vertrauensbeziehung verband.

Wenn dann dieses Dokument wirtschaftliche und finanzielle Informationen enthält, die sich kurz darauf wegen der Umstrukturierung der Konten des Unternehmens und seiner unzureichenden Zahlungsfähigkeit als gravierend falsch herausstellen, ist offensichtlich, dass das Gericht dieses Informationsdefizit als ursächlich für die irrtümliche Abgabe einer Willenserklärung ansieht (…). Entscheidend ist, dass den Erwerbern der durch die Bank angebotenen Aktien (die aus der Umstrukturierung einer Sparkasse resultierten, bei welcher das Unternehmen die Ersparnisse lagerte) eine falsche Darstellung der Solvenz des Unternehmens und, daher, der möglichen Rentabilität ihrer Investition vermittelt wurde. Denn im Nachhinein haben sie eigentlich Aktien eines Unternehmens am Rande der Insolvenz erworben, mit Verlusten in Höhe von mehreren Millionen, die ihnen vollständig verschwiegen wurden (im Gegenteil, es wurde ihnen sogar die Existenz von  Gewinnen bestätigt) und welches auf eine außerordentlich hohe Summe an öffentlichern Geldern zurückgreifen muss, um seine Existenz zu sichern. Hier entsteht der entschuldbare Irrtum beim Aktienkauf, der einen Willensmangel darstellt“.

Nach dieser Analyse lässt das Urteil eine komplexe juristische, aber entscheidende Frage nicht außer Acht: auf Grundlage des Gesellschaftsrechts würde die Nichtigkeit des Aktienkaufs von Bankia bei seinem Börsengang ebenfalls die Nichtigkeit des Kapitalanstiegs, der als Grundlage dazu diente, bedeuten. Nach einem bedeutenden Teil der Lehre würde dies die Ausübung einer Nichtigkeitsklage wegen Willensmangel verhindern. Somit wäre es nur möglich, Schadensersatz aufgrund der Unrichtigkeit des Prospekts zu verlangen.

Der Oberste Gerichtshof schließt diese Voraussetzung jedoch aus. Er verweist auf das Urteil des Europäischen Gerichthofs vom 19. Dezember 2013, welche den Vorschriften über den Aktienmarkt Vorrang vor dem Gesellschaftsrecht einräumt, und somit die Nichtigkeit des Vertrags durch einen Willensmangel möglich macht, insofern, wie im vorliegenden Fall, der Irrtum wesentlich und entschuldbar ist und für die Abgabe einer Willenserklärung entscheidend war.

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Dieser Beitrag is nicht als Rechtsberatung zu verstehen

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