Bei der Gründung einer Gesellschaft handelt es sich grundsätzlich um einen Vertrag, bei dem zwei oder mehr Personen ihr Vermögen, ihre Arbeit oder beides zusammenlegen, um den Gewinn aus dieser Zusammenarbeit zu teilen. Die Gesellschafter eines Unternehmens sollen auf diese Weise motiviert werden, gleichermaßen zum Gesellschaftszweck beizutragen.
Auch wenn der Wunsch besteht, diese Zusammenarbeit aufrechtzuerhalten, kann sich das Verhältnis zwischen den Partnern verschlechtern. In diesem Zusammenhang ist relevant, dass der Einfluss der Minderheitsgesellschafter, bzw. Minderheitsaktionäre generell durch den Anteil ihrer Kapitalbeteiligung bestimmt wird, was sich nachteilig auswirken kann, wenn die Mehrheitsgesellschafter oder -aktionäre ihre Kontrolle über das Unternehmen missbrauchen oder monopolisieren. Um Konflikte oder Spannungen zwischen den Partnern zu vermeiden, ist es daher wichtig, die Rechte von Minderheitsgesellschaftern, bzw. Minderheitsaktionären zu kennen.
Zum Schutz von Minderheitsaktionären in Kapitalgesellschaften hat der spanische Gesetzgeber mit den Bestimmungen des spanischen Kapitalgesellschaftsgesetz Real Decreto Legislativo 1/2010, de 2 de julio, por el que se aprueba el texto refundido de la Ley de Sociedades de Capital versucht, die schwächere Partei zu schützen, indem er ihr eine effektive Beteiligung an der Gesellschaft ermöglicht. Ziel ist es, die Kontinuität des Unternehmens durch ein Gleichgewicht zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschaftern, bzw. -aktionären zu gewährleisten. Dieses Gleichgewicht wird durch diese Rechte erreicht, die das Gesetz über Kapitalgesellschaften den Minderheitsgesellschaftern bzw. Minderheitsaktionären einräumt.
Diese Rechte umfassen insbesondere:
- Informationsrechte, bzw. Recht auf Offenlegung gewisser Unterlagen und Informationen
- Beantragung der Anwesenheit eines Notars zur Protokollierung von Gesellschafter- bzw. Aktionärsversammlung
- Teilnahme an Gesellschafter- bzw. Aktionärsversammlung
- Beantragung der Ernennung eines Rechnungsprüfers
- Ggf., Trennungs- bzw. Austrittsrechte aus der Gesellschaft
- Anfechtung von Gesellschafter- bzw. Aktionärsbeschlüssen
Im vorliegenden Artikel wird zwischen den Rechten von Minderheitsgesellschaftern bzw. Minderheitsaktionären in spanischen in Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Sociedad de Responsabilidad Limitada oder S.L.) und Aktiengesellschaften (Sociedad Anónima oder S.A.) unterschieden und ein aktueller Überblick über den Schutz von Minderheitsgesellschaftern bzw. Minderheitsaktionären im Rahmen der spanischen Gesetzgebung gegeben, um ihre Position in Unternehmen zu unterstützen und zu verbessern.
Die Rechte der Minderheitsaktionäre hängen von ihrer Beteiligung am Gesellschaftskapital ab, wobei es in den meisten Fällen laut Gesetz mehreren Gesellschaftern, bzw. Aktionären möglich ist, die Beteiligungsanteile zusammen zu legen, um den für eine Vertretung erforderlichen Prozentsatz zu erreichen.
Rechte von Minderheitsaktionären in spanischen Aktiengesellschaften (Sociedad Anónima oder S.A.)
Aktionäre mit einem Anteil von weniger als 5 % der Aktien:
- Recht auf Teilnahme an der Aktionärsversammlung (Art. 3 und 179.2).
- Recht, die Anwesenheit eines Notars bei der Sitzung der Aktionärsversammlung zu verlangen, um das Protokoll aufzunehmen (Art. 203.1).
- Trennungs- bzw. Austrittsrechte aus der Gesellschaft (Art. 346)
- Recht auf Anfechtung der von der Aktionärsversammlung gefassten Beschlüsse (Art. 204)
Aktionäre mit einem Anteil von mindestens 5 % der Aktien:
- Informationsrechte, bzw. Recht auf Offenlegung gewisser Unterlagen und Informationen (Art. 197)
- Recht auf gerichtliche Geltendmachung der Haftung organschaftlicher Geschäftsführer (Art. 239.1)
- Recht, die Einberufung der Aktionärsversammlung zu verlangen (Art. 168)
- Recht auf Beantragung der Bestellung eines unabhängigen Sachverständigen (Art. 69b)
Aktionäre mit einem Anteil von mindestens 25 % der Aktien:
- Recht auf Einberufung der Aktionärsversammlung und Beantragung einer Verlängerung der Aktionärsversammlung (Art. 193.1)
- Informationsrechte, bzw. Recht auf Offenlegung gewisser Unterlagen und Informationen ohne die Möglichkeit der Verweigerung durch die Geschäftsführer (Art. 197.4).
Rechte von Minderheitsaktionären in Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Sociedad de Responsabilidad Limitada oder S.L.)
Gesellschafter mit weniger als 5 % der Anteile:
- Informationsrechte, bzw. Recht auf Offenlegung gewisser Unterlagen und Informationen (Art. 196).
- Recht, die Anwesenheit eines Notars bei der Sitzung der Gesellschafterversammlung zu verlangen, um das Protokoll aufzunehmen (sofern sie mindestens 1 % der Anteile vertreten) (Art. 203).
- Recht auf Bestellung eines Wirtschaftsprüfers (Art. 265.1), wenn:
- die Gesellschafterversammlung vor Ablauf des zu prüfenden Geschäftsjahres keinen Rechnungsprüfer bestellt hat; oder
- die bestellten Wirtschaftsprüfer die Aufgabe nicht annimmt oder nicht in der Lage sind, ihre Aufgaben zu erfüllen.
- Trennungs- bzw. Austrittsrechte aus der Gesellschaft
- Recht auf Anfechtung von Gesellschaftsbeschlüssen (Art. 206)
Gesellschafter mit mehr als 5 % der Anteile:
- Recht auf gerichtliche Geltendmachung der Haftung organschaftlicher Geschäftsführer (Art. 238)
- Recht, die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu verlangen (Art. 168)
- Recht, die Bestellung eines Wirtschaftsprüfers zu beantragen (Art. 265.2).
Gesellschafter mit mindestens 25 % der Anteile:
- Informationsrechte, bzw. Recht auf Offenlegung gewisser Unterlagen und Informationen ohne die Möglichkeit der Verweigerung durch die Geschäftsführer (Art. 196.3).
Seit dem 1. Januar 2017, als die Aussetzung von Artikel 348bis des spanische Kapitalgesellschaftsgesetz aufgehoben wurde, haben Minderheitsgesellschafter bzw. Minderheitsaktionäre das Recht, aus der Gesellschaft auszutreten, wenn die Gesellschafter- bzw. Aktionärsversammlung beschlossen hat, über einen bestimmten Zeitraum hinweg keine Dividenden auszuschütten oder Dividenden in Höhe von weniger als einem Drittel des im jeweiligen Geschäftsjahr erzielten Gewinns auszuschütten. Voraussetzung ist insbesondere, dass der Minderheitsaktionär, bzw. Minderheitsgesellschafter, welcher dieses Recht geltend macht, gegen den betreffenden Beschluss gestimmt hat.
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, die Rechte und Interessen von Minderheitsaktionären bzw. Minderheitsgesellschaftern zusätzlich zu schützen. Dies erfolgt in der Regel über eine private Gesellschafter- bzw. Aktionärsvereinbarung sowie, im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten, über entsprechende Regelungen in der Gesellschaftssatzung.
Mahi Shah & Ahmed Eddebbagh
Wenn Sie weitere Informationen darüber wünschen, wie Sie die Rechte von Minderheitsaktionären und Minderheitsgesellschaftern in einer spanischen Gesellschaft schützen können,