Die Schiedsgerichtsbarkeit ist nach wie vor eine der angemessensten Alternativen zur Vermeidung oder Abschwächung der Unannehmlichkeiten des ordentlichen Rechtswegs. Die wachsende Internationalisierung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen macht diese Option zunehmens attraktiv aufgrund ihrer Geschwindigkeit, Wirtschaftlichkeit und Diskretion.
Das neue Gesetz, welches das Gesetz 60/2003 vom 23. Oktober über die Schiedsgerichtsbarkeit und die institutionalisierte Schiedsgerichtsbarkeit innerhalb der staatlichen Verwaltung reformiert, hat alternative Wege zur Konfliktlösung, insbesondere durch Schiedsgerichte zum Ziel. In dem Zusammenhang ist auch auf die Urteile 43/1988 und 62/1991 des Verfassungsgerichts hinzuweisen, welche die Schiedsgerichtsbarkeit als den ordentlichen Gerichten gleichwertig anerkennen.
Wie es auch in der Präambel des Gesetzes beschrieben ist, sind die Neuigkeiten, die mit diesem Gesetz eingeführt wurden, die Neuordnung justizieller Kompetenzen, die Klärung bestehender Fragen im Zusammenhang mit der Schiedsgerichtsbarkeit in Kapitalgesellschaften, die Erhöhung der Rechtssicherheit und der Effizienz der Schiedsverfahren, neue Regelungen hinsichtlich der Sprache, in der die Schiedsverfahren abgehalten werden, sowie gewisse Neuerungen im Hinblick auf die Schiedssprüche.
In der einzigen Zusatzanordnung wird ein neues behördliches Verfahren zur Lösung von Konflikten zwischen der Verwaltung des Staates und seinen Körperschaften eingeführt.
Des Weiteren wird die Zivilprozessordnung und das Konkursgesetz 22/2003 vom 9. Juli geändert, um manche der darin enthaltenen Vorschriften mit den Regeln zur Schiedsgerichtsbarkeit zu harmonisieren.
Im Folgenden werden wir die relevanten Punkte der Reform im Einzelnen analysieren:
Die Zuweisung von justiziellen Funktionen im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit
Die Zivil- und Strafsenate des obersten Gerichtshofs sind für die Ernennung und Entlassung der Schiedsrichter (Art. 8.1 des Gesetzes über die Schiedsgerichtsbarkeit), die Annullierung (Art. 8.5) oder Anerkennung (Art. 8.6) der Schiedssprüche zuständig. Mit diesem Gesetz behalten die die Gerichte der ersten Instanz nur ihre Kompetenz, die Schiedssprüche zu vollstrecken (Art. 8.6).
Diese Zuweisung von Funktionen bedeutet vor allem eine Reduzierung der Nummer der Gerichte, die für die Schiedsgerichtsverfahren zuständig sind, eine Bündelung der Erfahrung bei diesen Gerichten, die zudem hoch in der Hierarchie des Instanzenzuges stehen.
Im Hinblick auf die internationale Schiedsgerichtsbarkeit wird eine wichtige Neuerung bezüglich der Zuständigkeit eingeführt, die von nun an für die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche bei den Zivil- und Strafsenaten des obersten Gerichts liegt.
Nach unserer Bewertung bedeuten diese Neuerungen eine Aufwertung der Schiedsgerichtsbarkeit durch den Gesetzgeber, da höherrangige Gerichte kompetenziell für die Schiedsgerichtsbarkeit zuständig gemacht werden. Auf der anderen Seite steht als Konsequenz dieser Zuweisung von Kompetenzen eine Spezialisierung der Gerichte, die sich von nun an gut mit der Institution Schiedsgerichtsbarkeit auskennen werden.
Die satzungsmäßig festgelegte Schiedsgerichtsbarkeit in Kapitalgesellschaften
Neu eingeführt wird die Möglichkeit, dass in der Satzung einer Kapitalgesellschaft die Schiedsgerichtsbarkeit als Primärinstanz für die interne Konfliktlösung vorgesehen wird. Damit eine solche Klausel in die Satzung aufgenommen werden kann, muss eine Zweidrittelmehrheit der Stimmen in der Generalversammlung der Gesellschafter für die Aufnahme stimmen. Gleichsam kann in der Satzung festgelegt werden, dass die Anfechtung von Beschlüssen der Gesellschafter vor einem Schiedsgericht stattzufinden hat (Art. 11).
Weiterhin wird die Annullierung eintragungspflichtiger Gesellschafterbeschlüsse durch Schiedsspruch ermöglicht. Der Schiedsspruch, der den diesen eintragungspflichtigen Beschluss annuliert, ist seinerseits im Handelsregister einzutragen. Falls der Beschluss vor der Annullierung bereits eingetragen war, muss der Schiedsspruch auch die Löschung des Beschlusses sowie jeglicher nachfolgender Eintragungen beinhalten, die möglicherweise widersprüchlich sein könnten (Art. 11)
Über die Schiedsrichter
Die von der Europäischen Union eingeführte Freie Kompetenz und die international gemachten Erfahrungen waren maßgeblich für die Öffnung der Position des Schiedsrichters für eine Vielzahl von Berufen. Nunmehr kommen nicht mehr nur Anwälte, Richter o.ä. als Schiedsrichter in Frage, sondern Juristen allgemein. Weiterhin besteht die Möglichkeit, dass mehrere (mindestens drei) Schiedsrichter in einer Frage entscheiden, von denen aber nur einer ein solcher Jurist zu sein braucht (Art. 15.1).
Es kann mithin nach dieser Reform von Vorteil sein, Personen aus nicht-juristischen Berufen mit in ein Schiedsverfahren einzubeziehen, etwa wenn ihre Spezialisierung in einem Gebiet für das jeweilige Verfahren relevant ist. Nichtsdestoweniger besteht das Risiko, dass am Ende eine juristische Frage von Personen gelöst wird, die über unzureichende Kompetenzen in diesem Gebiet verfügen.
Das neue Gesetz konkretisiert ebenso, sofern nichts anderes von den Parteien vereinbart wurde, die Fälle, in denen ein Schiedsrichter aus Gründen möglicher Parteilichkeit nicht in einem Schiedsverfahren entscheiden kann (Art. 17.4).
Die Neuerungen hinsichtlich der Sprache des Schiedsverfahrens
Um die Rechtssicherheit zu erhöhen wurde die generelle Regel eingeführt, dass, sofern nichts anderes von den Parteien vereinbart wurde, die Sprache des Schiedsverfahrens eine der offiziellen Sprachen des Ortes der Handlungen ist. Vor der Reform konnten die Schiedsrichter die Sprache festlegen.
Neu ist ebenfalls, dass die Zeugen, Gutachter und sonstige am Verfahren beteiligte Dritte ihre eigene Sprache benutzen können (Art. 28.1), welches der Interaktion mit diesen Personen vereinfachen wird.
Neue Regelungen hinsichtlich des Schiedsspruchs
Vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarungen der Parteien beeinflusst das Ablaufen der Frist, in der ein Schiedsspruch gefällt werden muss, nicht die Wirksamkeit des Schiedsspruchs als solchem (Art. 37.2). Diese Neuerung kann sich überaus positiv auf die Schiedsgerichtsbarkeit insgesamt auswirken, da, obschon die Frist zur Entscheidung in der Frage abgelaufen ist, der gefällte Schiedsspruch seine Gültigkeit behält. Einziger Nachteil könnte sein, dass, nun da die Dringlichkeit innerhalb der vorgesehenen Frist zu einem Ergebnis zu kommen nicht mehr gegeben ist, die Schiedsverfahren insgesamt verlangsamt werden.
Andere Änderungen im Gesetz 11/2011
Mit dem Reformgesetz werden im Artikel 722 der Zivilprozessordnung Änderungen im Hinblick auf einstweilige Schutzmaßnamen vor ordentlichen Gerichten vor Beginn des Schiedsverfahrens vorgenommen (Zweite Schlussbestimmung).
Ebenso wird, unter anderem, der Artikel 52.1 des Konkursgesetzes 22/2003 vom 9. Juli vorgenommen, der nunmehr festlegt, dass eine Insolvenzerklärung eine der Parteien keinen Einfluss auf bestehende, die Parteien bindende Schiedssprüche hat. Damit wird bezweckt, dass die Schiedssprüche ihre Gültigkeit gegenüber zivilrechtlichen Verfahren gegen Gesellschaft, die unabhängig vom laufenden Insolvenzverfahren angestrengt wurden, behalten. Diese Verfahren können z.B. die Existenz, Gültigkeit oder Höhe eines Kredits, die Bezahlung von Forderungen oder die Eigentumsverhältnisse eines Pfandes betreffen. Das zuständige ordentliche Gericht kann jedoch, sofern ein hinreichender Grund vorliegt, die Schiedssprüche annullieren, die eine ordnungsgemäße Abwicklung des Insolvenzverfahrens behindern oder unmöglich machen (Dritte Schlussbestimmung). Mit dieser Änderung des Insolvenzrechts wird die Anpassung des nationalen spanischen Rechts an europäisches Gemeinschaftsrecht vorgenommen.
Schließlich wird ein ordentlicher, institutioneller Rechtsweg festgelegt, auf dem Streitigkeiten zwischen der Verwaltung des Staates und seinen Körperschaften gelöst werden. Logischerweise werden diese Streitigkeiten von der Regierung gelöst werden, weshalb eine Kommission ins Leben gerufen wurde, die vom Präsidentschaftsminister geleitet wird (Einzige Zusätzliche Bestimmung).
Der Gesetzgeber nutzt dieses Gesetz um Neuerungen in anderen Gesetzen einzuführen, weswegen, betreffend der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen und Lösungen aus der Mediation, der Artikel 955 der Zivilprozessordnung dahingehend geändert wird, dass Gerichte der ersten Instanz am Wohnort oder Sitz der Person, gegenüber der eine Anerkennung oder Vollstreckung eines Schiedsspruchs, auch eines ausländischen, beantragt wird, für diese Entscheidungen zuständig ist (Erste Schlussbestimmung). Diese Kompetenz hatte vorher das Oberste Gericht.
Wir können abschließend sagen, dass die Reform nicht die Schiedsgerichtsbarkeit in ihren bisherigen Grundfesten verändert, trotzdem aber einige wichtige Neuerungen einführt, deren Ziel die Stärkung und weitere Ausbreitung der Schiedsverfahren in Spanien ist, damit dieses Land attraktiv zur Durchführung von internationalen Schiedsverfahren ist.
Wenn Sie weitere Informationen benötigen,