Spanien ist der Deutschen liebstes Urlaubsland. Rund 800 000 Deutsche besitzen dort eine Immobilie. Das hat auch viele Anwälte nach Spanien gelockt. Wer sich jedoch nur auf Immobilienrecht spezialisiert hat, der wird von der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise hart getroffen, erklärt der in Spanien tätige Advokat Karl Lincke.
BB: Warum gibt es in Madrid, Barcelona, auf den spanischen Inseln und an den Küsten so viele deutsche Rechtsanwälte?
Lincke: Sie sind wohl zeitgleich mit den deutschen Urlauberströmen in den 80er und 90er Jahren gekommen. Wer als Deutscher hier ein Haus kauft, lässt sich lieber von den eigenen Landsleuten rechtlich beraten. In Madrid und Barcelona hat die Präsenz deutscher Kanzleien oder German Desks in spanischen Anwaltsbüros erst in den vergangenen zehn Jahren zugenommen. Zuletzt hat das starke Interesse der Deutschen am Energiemarkt zeitweise für einen Boom bei deutschen Anwälten gesorgt.
BB: Haben jetzt nicht gerade Immobilien-Anwälte Probleme angesichts des Zusammenbruchs des spanischen Wohnungsmarktes?
Lincke: Ja, es wird da jetzt sicherlich ein Kanzleisterben geben, denn die Nachfrage ist auch bei den Ferienimmobilien erheblich zurückgegangen. Und wer sich nur auf Immobilienrecht konzentriert hat, der wird jetzt weniger Mandanten haben. Beim Wirtschaftsrecht spüren wir die Krise nicht so, da die Investitionen des deutschen Mittelstands eher wachsen.
BB: Wie sehen Sie denn die weitere Entwicklung für deutsche Wirtschaftsanwälte in Spanien?
Lincke: Wer kommt, muss sich gut vorbereiten. Man muss Spanisch beherrschen und wissen, dass der deutsche Titel hier in der Regel über eine Zusatz-Prüfung homologisiert wird. Erst dann kann man sich hier als spanischer Anwalt niederlassen und auch vor Gericht auftreten. Es handelt sich dabei um eine Art Eignungsprüfung vor dem Justizministerium, in der vor allem auch Wissen bezüglich des spanischen Staats-und Verfassungsrechts abgefragt wird. Dazu kommt: Wir Deutsche sind im Vergleich zu den Spaniern alt. Das Studium in Deutschland ist viel komplexer und wird mit dem Referendariat letztlich sehr lang. Wir fangen erst frühestens mit 19 Jahren an zu studieren, hier beginnt man ein Jahr früher. Durch den Altersunterschied haben wir eher einen Nachteil. Das wird aber dadurch kompensiert, dass die spanischen Kanzleien merken, dass wir Deutsche bessere Sprachkenntnisse besitzen und meist systematischer und ergebnisorientierter arbeiten.
BB: Lohnt es sich denn noch zu kommen?
Lincke: Für die berufliche und persönliche Entwicklung ist ein Aufenthalt in Spanien empfehlenswert. Man sollte schon ein Angebot oder zumindest ein Praktikum in der Tasche haben.
BB: Und gehaltsmäßig? Lohnt sich der Sprung nach Spanien finanziell?
Lincke: Die Anfangsgehälter sind eher niedriger als in Deutschland. Teilweise liegen sie bei der Hälfte, rund 30 000 Euro im Jahr sind bei größeren spanischen Kanzleien normal. In Spanien gibt es viel mehr Anwälte als der Markt eigentlich braucht.
BB: Wenn die Erfahrungen nach einigen Jahren in Spanien nicht so gut sind, kann man dann wieder einfach zurück nach Deutschland?
Lincke: Recht ist immer noch national sehr unterschiedlich, ständig kommen neue Gesetze hinzu. Deswegen ist man nach einer gewissen Zeit im Ausland eigentlich raus. Ich bin seit fast zehn Jahren hier und könnte auf keinen Fall mehr in Deutschland so schnell Fuß fassen. Man muss genau wissen, was man will und bei einer geplanten Rückkehr rechtzeitig hier abspringen.
BB: Gibt es Dinge, die einem in Spanien vielleicht auch übel aufstoßen könnten, wenn man kommt?
Lincke: Spanien hat vieles gesetzlich sehr gut geregelt, leider hält man sich jedoch nicht in allen Bereichen an das geltende Recht. Der Respekt vor dem Gesetz ist nicht so groß wie in Deutschland und auch die Kontrollen bei der Einhaltung sind nicht stark ausgeprägt. Die Gerichte sind hier sehr politisiert, man hat es nicht wirklich mit einer unabhängigen Justiz zu tun. Außerdem wird man als Anwalt vom Richter nicht mit der gleichen Kollegialität behandelt wie man es von Deutschland gewohnt ist.
Karl Lincke ist Partner der spanischen Kanzlei Mariscal Abogados sowie Präsident der deutschen Wirtschaftsjunioren, eine Vereinigung junger Unternehmer, in Madrid.
Das Gespräch führte Stefanie C.Müller, Journalistin in Madrid
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