Was gilt in Spanien als effektive Arbeitszeit? Arbeitsweg, Pausen, Präsenzpflicht und Bereitschaftsdienst

Die maximale Jahresarbeitszeit in Spanien ist auf 1826 Stunden pro Jahr oder 40 Stunden pro Woche festgelegt, ungeachtet zukünftiger gesetzlicher Änderungen. Das bedeutet, dass die tatsächliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer diese Grenze nicht überschreiten darf und dass alles, was über darüber oder über die im geltenden Tarifvertrag festgelegte Arbeitszeit (falls niedriger) hinausgeht, als Überstunden gilt.

Angesichts dieser Regelungen ist es von entscheidender Bedeutung, zu bestimmen, was in Spanien als effektive Arbeitszeit gilt, insbesondere im Hinblick auf die Bewertung und Einordnung des Arbeitsweges, Pausen, Präsenzpflicht und Bereitschaftsdienst.

Der Arbeitsweg und das Pendeln

Der Arbeitsweg oder auch das Pendeln von Arbeitnehmern stellt die Unternehmen vor zahlreiche Probleme bei der Berechnung der tatsächlichen Arbeitszeit. Die Rechtsprechung hat in zahlreichen Urteilen festgestellt, dass die Zeit, die ein Arbeitnehmer auf dem Weg von seiner Wohnung zu seinem üblichen Arbeitsplatz verbringt, nicht als effektive Arbeitszeit gilt.

Der Oberste Gerichtshof in Spanien (Tribunal Supremo) hat im Jahr 2021 (STS 316/2021, 26. Januar) festgestellt, dass der Arbeitnehmer während der Pendelzeit (verstanden als die Zeit, die er von seinem gewöhnlichen Wohnort zum Arbeitsplatz zurücklegt) eine vorbereitende Tätigkeit ausführt, die als routinemäßiger und notwendiger Weg zum Arbeitsplatz zu verstehen ist und die nicht als Arbeitszeit zählt.

Ein anderes und umstritteneres Thema ist hingegen ein Ortswechsel an andere Standorte auf Anweisung des Unternehmens.

Europarechtliches Verständnis der Arbeitszeit

Zunächst einmal zum unionsrechtlichen Verständnis der Arbeitszeit. Die EU-Richtlinie 2003/88/EG definiert zwei unterschiedliche Begriffe: Ruhezeit und Arbeitszeit. Als Arbeitszeit gilt jede Situation, in der der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Verfügung steht, unabhängig von der Intensität der Tätigkeit.

Das bisher einzige Urteil des EuGH zu diesem Thema (Urteil vom 9. September 2015, Rs. 266/14) betrifft Arbeitnehmer, die keinen festen Arbeitsort haben. Dem Urteil zufolge bedeutet die Tatsache, dass während einer Reise keine Dienstleistungen erbracht werden, nicht, dass es sich nicht um Arbeitszeit handelt, da der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber dennoch zur Verfügung steht: Während solcher Reisen unterliegen die Arbeitnehmer den oben genannten Weisungen ihres Arbeitgebers, der die Reihenfolge der Kunden ändern oder einen Termin absagen oder hinzufügen kann. In jedem Fall ist zu beachten, dass diese Arbeitnehmer für die notwendige Dauer der Reise, die in den meisten Fällen nicht verkürzt werden kann, nicht die Möglichkeit haben, frei über ihre Zeit zu verfügen und sich persönlichen Angelegenheiten zu widmen, so dass sie ihren Arbeitgebern zur Verfügung stehen.

Spanische Rechtsprechung

Im Gegensatz dazu ist die spanische Rechtsprechung eindeutiger. Im Urteil der Sozialkammer des Obersten Gerichtshofs (STS 6495/2000 vom 18. September 2000) heißt es: Zunächst ist davon auszugehen, dass die Zeit, die für die Fahrten zwischen dem Waffendepot und dem Einsatzort, an dem der Wachmann seine Dienste leistet, aufgewendet wird, Arbeitszeit ist. Dies ist der Fall, weil es sich bei diesen Fahrten nicht um die Wegstrecke zwischen der Wohnung des Arbeitnehmers und dem Arbeitsplatz handelt, sondern um Fahrten, die vom Unternehmen verpflichtend im Hinblick auf eine Dienstleistung angeordnet werden.

So gilt nach der spanischen Rechtsprechung die Zeit, in der der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zur Verfügung steht, als effektive Arbeitszeit – einschließlich zurückgelegter Strecken und Ortswechsel außerhalb des gewöhnlichen Arbeitsplatzes für Dienstleistungen oder Projekte.

Pausen während des Arbeitstages

Gemäß Artikel 34.4 des Arbeitsgesetzes muss bei einer ununterbrochenen täglichen Arbeitszeit von mehr als 6 Stunden eine Pausenzeit von mindestens 15 Minuten gewährt werden (auch Brötchenpause genannt, tiempo de bocadillo).

Diese Zeit gilt dann als effektive Arbeitszeit, wenn dies im Arbeitsvertrag festgelegt ist oder wenn das Unternehmen beschließt, den Arbeitnehmern dies als Begünstigung zu gewähren, die dann auch zu einem erworbenen Recht wird. Wenn die Pause aufgrund der Art der Tätigkeit nicht in Anspruch genommen werden kann, führt dies zu einer vergütungspflichtigen Überschreitung der normalen Arbeitszeit, die jedoch nicht als Überstunden zählt, da sie bereits in der vereinbarten Jahresarbeitszeit enthalten ist (Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 12. November 2015, Berufung 14/2015).

Präsenzpflicht und Bereitschaftsdienst

Der Unterschied zwischen Präsenzpflicht und Bereitschaftsdienst besteht darin, dass erstere den Arbeitnehmer dazu verpflichtet, dem Arbeitgeber an einem bestimmten Ort zur Verfügung zu stehen, während der Arbeitnehmer beim Bereitschaftsdienst sich aufhalten kann, wo er will und lediglich erreichbar sein muss.

  • Präsenzpflicht: Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, sich an einem bestimmten, vom Arbeitgeber festgelegten Ort zur Verfügung zu halten.
  • Bereitschaftsdienst: Der Arbeitnehmer kann sich frei bewegen und muss nur erreichbar sein.

Einordnung als Arbeitszeit

Die Zeit der Präsenzpflicht zählt immer als effektive Arbeitszeit, der Bereitschaftsdienst hingegen nicht.

Beim Bereitschaftsdienst ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Kriterien zur Bewertung sind z. B. die Frist, innerhalb derer der Arbeitnehmer bei Bedarf zu erscheinen hat, die durchschnittliche Häufigkeit der Einsätze oder deren Dauer.

Kann der Arbeitnehmer während des Bereitschaftsdienstes nicht frei über seine Zeit verfügen, so gilt die gesamte Bereitschaftszeit als effektive Arbeitszeit. Kann er über seine Zeit frei verfügen, so gilt nur die Zeit des Bereitschaftsdienstes als tatsächliche Arbeitszeit. Dies gilt unbeschadet der Bezahlung des Bereitschaftsdienstes als solcher.

Angesichts der Komplexität von Fragen im Zusammenhang mit der Arbeitszeit empfehlen wir den Unternehmen, dass sie ihre internen Richtlinien so aktualisieren, dass so viele Sachverhalte wie möglich von vorneherein geregelt sind und auf diese Weise potenzielle Zweifel und Konflikte mit den Arbeitnehmern vermieden werden können.

Wenn Sie eine Frage zum Thema effektive Arbeitszeit Ihrer Angestellten haben oder diesbezüglich eine Richtlinie für das Unternehmen erarbeiten wollen,

Dieser Beitrag is nicht als Rechtsberatung zu verstehen

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